08. bis 14. Januar 2018 – Elephant Nature Park, Chiang Mai
Montag, 08. Januar 2018:
Nach einer annähernd ruhelosen Nacht im Hostel habe ich um 07:00 Uhr ausgecheckt. Ich war in einem Einzelzimmer mit eigenem Bad untergebracht. Das hat soweit gepasst. Jedoch scheint direkt über diesem Zimmer ein Gemeinschaftsbad/-toilette angesiedelt gewesen zu sein. Insgesamt war es sehr hellhörig. Sehr schade, da der Empfangs- und Aufenthaltsbereich wirklich super chillig gestaltet war. Die Reservierung, die ich in diesem Hostel bereits für den 14./15.01.18 getätigt hatte, habe ich sofort kostenfrei storniert. Da werde ich mir eine andere Unterkunft suchen.
Ich laufe durch die noch ruhigen Straßen der Altstadt in Chiang Mai. Nach 20 Minuten Spaziergang und mehrmaligem Nachfragen stehe ich vor dem Büro des „Elephant Nature Park“. Es ist bereits geöffnet. Ich checke in das „Volunteer-Projekt“ ein. Ich bin schon sehr gespannt und neugierig, wie es in den kommenden Tagen bei den grauen Riesen im Schutzgebiet werden wird. Hier im Office ist für Frühstück bestens gesorgt. Abfahrt ins Schutzgebiet ist irgendwann zwischen 08:30 und 09:00 Uhr.
Die Fahrt mit dem 9-Sitzer-Minibus ins knapp 60 Kilometer entfernte Resort verläuft sehr angenehm. Es sind viele unterschiedliche Charaktere an Bord. Ich freue mich sehr auf die kommenden Tage. Gegen 10:30 Uhr haben wir unser Ziel. Es liegt idyllisch in einem Tal, umgeben von sanften grünen Hügeln, mitten im Dschungel. Neben den derzeit 75 Elefanten sind zudem über 400 Hunde und über 300 Katzen hier zu Hause. Auch einige Wasserbüffel, welche vor dem Schlachthaus bewahrt wurden, haben hier viel Platz zum Wandern.
Ein Restaurant des Elephant Nature Parks (ENP) liegt ca. 1 Kilometer entfernt in den Hügeln oberhalb des Resorts. Dort wird jeden Tag das Mittagessen für die Volunteers zubereitet. Frühstück und Abendessen dagegen werden direkt im Park eingenommen.
Wir sind insgesamt 35 freiwillige Helfer, die heute starten. Die Zimmer werden aufgeteilt. Mit mir in einem Zimmer sind die 63-jährige Julia aus San Francisco und die 34-jährige Emily aus Phoenix, Arizona. Wir haben Glück, denn in unserem Zimmer ist auch das Badezimmer integriert. Bei den meisten anderen Bungalows sind die Waschräume außerhalb der Zimmer.
Nach einer kurzen Führung durch den zentralen Bereich (morgendlicher Treffpunkt, Konferenzraum, Küche, Essensbereich) wird uns eine sehr interessante, einstündige Dokumentation und Einführung über den ENP gezeigt.
Vor dem Abendessen findet noch eine Willkommens-Zeremonie statt. Von einer der Dorfältesten aus dem nahe gelegenen Dorf bekomme ich einen weißen Bändel um das linke Handgelenk gebunden. Dabei murmelt sie eine Segnung vor sich hin. Das Band soll mich beschützen und vor Unheil bewahren.
Wie auch schon das Mittagessen, wird das Abendessen als Buffet angeboten. Es gibt vegetarische und vegane Kost – alles schmeckt phänomenal lecker! Eine riesige Auswahl!
Dienstag, 09. Januar 2018:
Meine beiden US-Ladies sind Morgenmenschen. Um 06:00 Uhr die Augen noch keine Minute offen und schon geht das Geplapper los. Im Laufe des Tages habe ich mitgeteilt, dass ich morgens meist einige Zeit benötige, um auf Touren zu kommen.
Frühstück gibt es um 07:00 Uhr, um 08:00 Uhr beginnt der Arbeitsdienst für den Vormittag. Heute dürfen wir „Ele…pooh“ (Elefanten-Kacka) beseitigen. Wir haben annähernd 30 Grad Celsius und ich komme ins Schwitzen. Das tut mir sehr gut! Das Gewicht der zu beseitigenden Bollen ist sehr gering. So machen wir uns auf die Tour durch das Gelände. Immer wieder treffen frei laufende Elefanten auf uns – oder wir auf diese. Es ist ein irre Gefühl.
Waren wir heute Vormittag noch alle gemeinsam unterwegs, so sind wir nun für den Rest der Woche in zwei Gruppen eingeteilt. Meine Gruppe „A“ wird am Nachmittag ab 13:00 Uhr durch den gesamten Park geführt. Bewaffnet mit Kamera, Sonnencreme, Sonnenbrille und Kopfschutz sind wir 2,5 Stunden unterwegs. Elefanten spielen im Matsch, laufen sehr nah an uns vorbei, sind neugierig auf uns. Auch die eine oder andere mulmige Situation ist dabei. Hunde begleiten uns auf dem Spaziergang. Einer davon ist besonders verrückt. Er möchte mit dem Babyelefanten spielen. Er bellt es an, rennt um es herum. Der kleine Elefant trötet zurück. Und plötzlich stürmt das „Elefäntchen“ auf den Hund zu. Und der Rest der Herde hinterher – schließlich wird das Baby immer von den Erwachsenen beschützt. Der Hund möchte sich hinter unserer Gruppe verstecken, rennt auf uns zu. Ääähmmmm, ja. Unsere Guides scheuchen mit lauten Rufen und wilden Bewegungen den Hund und die Elefanten in die eine Richtung – und uns in die entgegengesetzte. Situation entspannt und bravourös gemeistert. Trotz der kurzen Aufregung habe ich diesen Spaziergang sehr genossen.
Nach dem Abendbuffet wird als Abendprogramm „Kino“ angeboten. Passenderweise „Dschungelbuch“ 🙂 Sehr schöner Film.
Mittwoch, 10. Januar 2018:
Meine gestrige Erzählung, dass mich meine Kolleginnen und Kollegen vor 08:30 Uhr morgens nur im äußersten Notfall ansprechen, hat Wirkung gezeigt 🙂 Julia und Emily sind zwar wieder früh auf den Beinen – jedoch wird nicht gequasselt – Strike!
Gruppe „A“ erntet und schneidet am Vormittag Bambus für die Elefanten. Es ist wieder sehr warm heute. Die Arbeit mit der Sense ist gewöhnungsbedürftig. Die Guides zeigen uns Tricks. Bald geht die Tätigkeit flotter von der Hand.
Nach dem Mittagessen entscheide ich mich dazu, für 45 Minuten im Hunde-Tierheim zu helfen. Ich setze mich zu „Mama“ in den Käfig. Sie ist schwanger und sie wird in den nächsten Tagen werfen. Aufgrund einer gebrochenen Hüfte, die ihr durch ihren Besitzer zugefügt wurde, kann sie sich nicht bewegen. Sie genießt die Aufmerksamkeit und den Körperkontakt.
Am Nachmittag bereiten wir den Elefanten eine Überraschung vor. Die Ställe, zu denen sie abends zurück kommen, um dort die Nächte zu verbringen, werden von uns mit „Leckereien“ dekoriert. Es gibt Bananen, Melonen, Kürbisse und grüne Zweige. Leider sind wir bei der Rückkehr der grauen Riesen ins Nachtlager nicht mit dabei.
Donnerstag, 11. Januar 2018:
Als ich morgens aufwache, juckt mich mein rechter Arm. Ich gehe ins Bad, um nachzusehen, was da los ist. Mich trifft fast der Schlag. Mein kompletter Arm ist übersät mit dick geschwollenen Pusteln. Ebenso mein linker Arm, beide Beine und der Lendenwirbelbereich. 🙁 Je mehr ich davon sehe, um so stärker juckt es. Ich kann nicht erkennen, ob es sich hierbei um irgendwelche Stiche oder eine allergische Reaktion handelt. Meine Mitbewohnerinnen sind extrem schockiert. Wir debattieren über die Pusteln. Wahrscheinlich ist es einen allergische Reaktion. Auch unsere Betreuer tippen auf irgendeine Allergie – entweder vom Schwitzen, vom Essen oder vom Wasser. Es wird eine Salbe organisiert, die den Juckreiz lindern soll. Mit dieser begebe ich mich wieder ins Zimmer. Der Arbeitsdienst fällt heute für mich aus. Mich friert es, dann ist mir wieder heiß…. Ich lege mich ins Bett und dämmere den ganzen Tag vor mich hin.
Beim Abend-Buffet nehme ich ein paar Bissen zu mir. Wenn es mir morgen nicht besser geht, dann werde ich wohl zum Arzt gehen müssen.
Freitag, 12. Januar 2018:
Ich habe eine Horror-Nacht hinter mir. Der Juckreiz ist nahezu unerträglich. Ich stelle den Ventilator so ein, dass er meine Haut abkühlt. Das wird mir irgendwann zu frisch, deshalb muss ich mich zudecken – dadurch juckt es allerdings wieder grausam. Gegen 04:00 Uhr morgens konnte ich endlich einschlafen.
Um 08:30 Uhr geht mein Privattransport nach Chiang Mai ins Krankenhaus. Ich erlebe eine Prämiere. Noch nie musste ich während eines Auslandsaufenthaltes zu einem Arzt oder gar ins Krankenhaus. Ich bin ziemlich aufgeregt – und hoffe sehr, dass mir geholfen wird. Vor dem Krankenhaus (Chiang Mai Ram Hospital) wartet schon ein Angestellter vom ENP-Office auf mich, der mich begleitet. Bei dem Ram Hospital handelt es sich um eine Privatklinik. Es geht zur Anmeldung. Ich werde sofort zur speziellen Hautklinik verwiesen. Nach dort werden wir mit einem elektrischen Caddy gefahren. An der Fensterscheibe steht ein Vermerk, dass die Frontscheibe nicht dazu geeignet ist, Golfbälle abzuhalten 🙂 Ich schaue mich um – hier ist keine Gefahr zu erkennen 🙂 Die Anmeldung in der Hautklinik verläuft sehr rasch. Die Krankenschwestern sind sehr freundlich. Da ich keinen Termin habe, sind die Angestellten leicht in Verlegenheit – sie entschuldigen sich bei mir, dass ich wahrscheinlich 30 Minuten werde warten müssen.
Die Ärztin spricht hervorragend Englisch. Sie begutachten die Pusteln, nickt wissend mit dem Kopf. Ja es ist eine allergische Reaktion. Jedoch nicht auf Schwitzen, Essen oder Wasser. Die Diagnose lautet „bed bugs“ – „Bettwanzen“. Ich habe über 100 Bisse. Kein Wunder, dass mein Körper darauf dermaßen heftig reagiert. Ich bekomme eine Cortison-Spritze zur sofortigen Linderung. Für die nächsten 10 Tage drei verschiedene Tablettensorten, und eine Lotion zum Einreiben der Stiche. Das alles kostet mich umgerechnet 70,- € und 50 Minuten Zeit. Ich bin sehr beeindruckt. Hut ab vor diesem Service.
Schon während der Rückfahrt merke ich, dass die Schwellungen der Pusteln deutlich nachlassen. Und ich werde unglaublich müde. Im ENP angekommen, geht dort die Maschinerie los. Im Zimmer wird bei allen das komplette Bettzeug ausgetauscht. Bei mir gibt es zusätzlich eine neue Matratze. Nach der gestrigen regulären Reinigung wird das Zimmer nochmals speziell gereinigt. Auf Anweisung von der Ärztin muss all meine Kleidung, die außerhalb meines Rucksacks war, heiß gewaschen werden. Das bedeutet, dass so ziemlich alles gewaschen werden muss. Meine Kleidung kommt in eine Wäscherei nach Chiang Mai. Ob ich diese am Samstag wieder bekomme, oder am Sonntag ins Hotel nach Chiang Mai gebracht wird, steht noch nicht fest. Ich habe noch meine rosarote lange Sportunterwäsche, einmal Unterwäsche und mein Minions-T-Shirt im Rucksack….. eine wahnsinnig gut aussehende Kombination. Im Souvenir-Shop vom ENP kaufe ich mir zwei Sarongs. Einen verwende ich als Rock, den anderen als Jacke. „Glücklicherweise“ ist es seit heute auch noch ziemlich kalt. Wir hatten tagsüber knapp 20 Grad. Jetzt am Abend ist es mit 16 Grad sehr frisch.
Im Abendprogramm gibt es heute einen Vortrag über die Kultur in Thailand und etwas Sprachunterricht. Unsere Betreuer machen dies mit viel Liebe und Begeisterung.
Samstag, 13. Januar 2018:
Die Nacht war erträglicher. Die Ärztin hat mich allerdings schon vorgewarnt, dass es 3 bis 4 Tage dauern wird, bis die Bisse aufhören werden so stark zu jucken. Die Tabletten machen mich sehr sehr müde. Es hat 15 Grad. Beim Vormittagsprogramm steht „Elefantenküche“ an. Bananen, Kürbisse, Melonen abladen, umladen, waschen, schneiden. Eine nasse Angelegenheit, die ich jedoch nur fotografisch begleite. Ich kann es mir nicht leisten, dass mein schickes Outfit nass und schmutzig wird.
Für den letzten Nachmittag gibt es für beide Gruppen einen besonderen Programmpunkt. Darrick Thomson, Ehemann der Gründerin Lek Chailert, wird ein paar Stunden mit uns verbringen. Lek selber ist diese Woche in Indonesien unterwegs, um dort ein neues Schutzprogramm für Elefanten aufzubauen.
Bevor es mit Darrick auf Tour durch den Park geht, schauen wir uns eine 7-minütige Dokumentation an. Diese zeigt, wie die Elefanten von den Mahouds abgerichtet werden. Es sind schreckliche Bilder! Grauenvolle Verletzungen und Verstümmelungen der Dickhäuter. Gebrochene Seelen. Ich muss gestehen, dass ich mir noch nie konkret Gedanken darüber gemacht habe, wie es gelingt, dass Elefanten Arbeiten im Dschungel verrichten, prachtvoll dekoriert an Prozessionen teilnehmen oder Touristen auf ihrem Rücken transportieren. Blauäugig „einfach“, eventuell so wie mit einem Pferd, hätte ich es mir vorgestellt. Ich habe Tränen in den Augen. Und ich schäme mich. Ich schäme mich zutiefst, dass ich mich vor 3 Jahren auf dem Rücken eines Elefanten ein Stückchen durch den Dschungel tragen ließ. Im Stillen bitte ich demütig um Verzeihung bei all den gequälten Elefantenseelen. Und bin zugleich dankbar, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten diese eine Woche im ENP helfen konnte.
Sonntag, 14. Januar 2018:
Heute am letzten Tag sind meine beiden Mitbewohnerinnen schon sehr früh im Zimmer unterwegs. Haben sie sich in den vergangenen Tagen morgens doch sehr zurückhaltend und rücksichtsvoll verhalten, darf ich heute nochmals die gut gelaunten Morgenmenschen erleben. Ich bin ja froh, dass es nicht jeden Morgen so war, wie am vergangenen Dienstag 😉 Und ich bin ebenfalls aufgeregt, weil heute unser letzter Tag hier ist. Es heißt Abschied nehmen vom Schutzgebiet. Meine gewaschene Kleidung ist gestern am späten Abend noch eingetroffen. Alles wird gepackt (außer die Bettwanzen – die lasse ich dort!) und im Rucksack verstaut. Um 11:00 Uhr geht´s zum Gruppenfoto machen. Anschließend ein letztes Mal zum leckeren Mittagsbuffet!
Nach etlichen Umarmungen und Verabschiedungen fahren um 13:00 Uhr die Minibusse in Richtung Chiang Mai, um uns bei den Anschlussunterkünften abzusetzen. Eineinhalb Stunden später genieße ich den Anblick meines schönen großen Zimmers im Hotel – ganz für mich alleine. In dem gemütlichen Bett gönne ich mir 2 Stunden Mittagsruhe, nachdem ich vorher noch mein Buch fertig gelesen habe.
Hier funktioniert das WiFi wieder sehr gut. Ich bin online. Meine Berichte hoffentlich auch bald 🙂